Turniere mit Pfeil und Bogen - Echt jetzt?

Schon bei der Überschrift musste ich schmunzeln, weil wahrscheinlich viele Leser das gleiche Kopfkino haben werden: Männer in grünen Strumpfhosen, Federn am Hut, der Scheriff von Nottingham, markige Sprüche und immer ein Volltreffer! Nun, die Farbe Grün ist schon häufig zu sehen und für Volltreffer arbeiten die meisten Schützen im Training sehr hart. Doch der Rest ist pures Klischee.

Wir von der Bogensportabteilung haben fast alle den Ehrgeiz auch mal an einem 3D-Turnier teilzunehmen. Die Einen mehr, die Anderen weniger. Die meisten Schützen jedoch versuchen es wenigstens einmal. Denn man muss dabei gewesen sein, um sich eine Meinung bilden zu können. 3D-Turniere haben ihre eigene Anziehungskraft und jedes Event ist anders. Aber was ist ein 3D-Turnier?

Hier geht es nicht auf Scheiben, wie bei der olympischen Disziplin. Die Ziele sind Tiere, welche aus speziellem Kunstschaum hergestellt werden. Hirsche, Rehe, Wildschweine, aber auch Frösche, Krokodile, Vögel und sogar Dinosaurier werden, teilweise in Lebensgröße, im Wald oder auf der Wiese aufgestellt. Und es soll waidgerecht geschossen werden. So besitzt jedes Ziel eine markierte Kill-Zone. Das ist meistens der Schulterbereich. Treffer in Kill ergeben eine höhere Punktzahl. Die meisten 3D-Turniere gehen über einen Parcours von ca. 30 Stationen. Die gängigste Wertung ist die 3-Pfeil-Runde. Wie der Name schon sagt, hat man 3-mal die Möglichkeit zu treffen. Ziel ist es gleich mit dem ersten Pfeil zu treffen. Das gibt die meisten Punkte. Im Kill 20 Punkte, auf dem Körper nur 16 Punkte. Schießt man alle drei Pfeile vorbei, war das eine ärgerliche Null. Ich beschreibe euch mal den Ablauf von so einem Wettbewerb:

Zuerst einmal ist alles, wie bei den anderen Sportarten. In den einschlägigen Medien sucht man sich die Turnierausschreibung heraus, meldet sich an und bezahlt ein Startgeld.

Am Vorabend des Turniers wird dann gepackt, denn es geht fast immer früh los. Und es ist ein Outdoor-Event! Geschossen wird bei allen Wettern, und wer schlechte Kleidung einpackt ist selbst schuld. Bogen und Pfeile werden überprüft. Das Schuhwerk ist jedoch ganz wichtig, denn es geht ins Gelände. Wir verlassen die Wege und klettern auch schon mal in einem Steinbruch herum.

Ist man dann am Turnierort, trägt man sich in die Anwesenheitsliste ein und findet sich in Gruppen von 4-6 Schützen zusammen. Es sollten nicht alle von einem Verein sein und tatsächlich nutzen viele Teilnehmer die Möglichkeit hier neue Bekanntschaften zu machen. Bis es losgeht, wird viel gefachsimpelt, gelacht und dazwischen gefrühstückt. Es ist eine lockere Atmosphäre. Wer will, kann sich auf ein vorgegebenes Ziel mit ein paar Pfeilen einschießen.

Dann erfolgt die Begrüßung, wo immer eine Sicherheitsansage dabei ist. z.B. Aufgelegte Pfeile zeigen immer zum Ziel. Denn trotz aller Lockerheit darf kein Fehler passieren. Das könnte ins Auge gehen. (Im wahrsten Sinne des Wortes). Schließlich verteilen sich alle Gruppen im Parcours an ihren Startpflock. Fängt man mit Pflock 4 an, beendet man die Runde mit Pflock 3. Der Parcours wird von allen zur selben Zeit begonnen und geht nur in eine Richtung. So kann es nie passieren, dass ein Schütze einem Anderen in die Schussbahn rennt.

Der Pflock ist der Punkt, an dem der Schütze stehen muss, um das Ziel zu treffen. Und hier kanns schon mal kniffelig werden. Man muss hinter dem Pflocksein, meistens ein Stock im Boden, und ihn beim Schuss sogar mit einem Körperteil berühren. Das ist meistens der Fuß, aber auch mal das Knie, wenn man kniend schießen muss, weil ein Ast, Baum oder Busch im Weg ist. Manchmal sieht man Schützen fast im Spagat stehen, was auch zur allgemeinen Erheiterung führt. Pflöcke dürfen auch auf Hochständen, Felsen (s. Bild 1) und Holzpferden sein, was die Anforderungen noch mal steigert.

1 Michael B.2 Michael U.

Das nächste sind die Entfernungen. Es gibt keine Meterangabe zum Ziel, dass auch nicht immer ebenerdig steht. Das muss der Schütze schätzen. (Bild 2) So kann schon mal ein Luchs an einem Baum über Kopfhöhe hängen.Ein Bär sitzt in einer Höhle. Ein Auerhahn steht über uns auf einer Böschung und eine Riesenspinne sitzt auf einem großen Netz zwischen zwei Bäumen. Manchmal sehen Ziele so täuschen echt aus, dass man mal in die Hände klatscht, um zu sehen, ob das Reh nicht doch wegläuft. Und um die Schwierigkeit nochmals zu steigern, wird hinter dem Tier kein Backstop, also ein Fangnetz oder Ähnliches, aufgebaut. Sollte man also nicht treffen, fliegt der Pfeil ungehindert weiter, z.B. in eine knietiefe Wiese oder einen Bach. Hier gilt es den Kopf abzuschalten. Das Mentale ist in unserem Sport mindestens ebenso wichtig, wie Erfahrung und Technik. Damit sich das aber niemand zu Hilfe nimmt, braucht es Fairness! So gilt am Pflock, sobald ein Schütze einen Pfeil aufgelegt hat, absolute Ruhe. Man unterhält sich nicht mehr und steht auch nicht im Weg rum. Sobald der Pfeil getroffen hat,(oder auch nicht) kommt es jedoch vor, dass von den anderen Schützen eine Hilfsansage kommt. Zu hoch, zu weit rechts, das ist ok und wird gerne angenommen. Ein dummer Spruch ist jedoch absolut unangebracht. Wenn alle geschossen haben, geht man zum Ziel hin, notiert die Treffer und zieht die Pfeile. Manchmal sucht man auch welche.Nicht selten kommen Schützen mit deutlich weniger Pfeilen aus einem Parcours zurück. Es gehen auch mal welche zu Bruch, wenn man einen Stein oder einen Baum unglücklich trifft. Bedenkt man aber, dass die Pulverschützen ihre Munition nur einmal benutzen können, haben wir es doch schon besser. Haben wir dann alle Stationen geschossen, Bären, Kojoten, Igel und Erdmännchen erlegt, geht es an die Auswertung der Schiesszettel. Jeder rechnet seinen eigenen Zettel noch einmal nach und dann gibt der Schreiber Alles bei der Turnierleitung ab. Dabei meldet er seine Gruppe auch, hoffentlich vollzählig, zurück, damit die Verantwortlichen sehen, ob alles unfallfrei abgelaufen ist.

Während die Ausrichter nun die Siegerlisten erstellen, wendet man sich dem reichhaltigen Essens- und Getränkeangebot zu. Denn bis hierher hat striktes Alkoholverbot bestanden. Und so wird bei einem gepflegten Bier, Wein oder Softdrink der Turnierverlauf mit den nach und nach eintreffenden Schützen besprochen, einige Schmankerln zum Besten gegeben und vielleicht auch Kritik geübt. Solange sie konstruktiv ist, wird es gerne gesehen.

3 KirstenBjörn

Je nach Länge und Begebenheit des Parcours hat man nun 5 bis 8 Kilometer gelaufen, zwischen 30 und 60 Schüsse gemacht und war 4 bis 5 Stunden in der Natur unterwegs. (Bild 3) Am Ende dieses langen Tages kommt dann noch die Siegerehrung. Die Kinder und Jugendlichen sahnen dabei immer etwas Süßes ab und für die Erwachsenen gibt es schöne und manchmal auch wertvolle Sachpreise. Gewonnen haben eigentlich Alle, denn man hat neue Schützen kennengelernt und sich vielleicht auf deren Turnier angemeldet. Ist über sich selbst hinausgewachsen, weil man einen scheinbar unmöglichen Schuss gemeistert hat. Oder man hat diesen Tag einfach nur zum ersten Mal erlebt und seine Freude am Turniersport entdeckt. Der Ehrgeiz kommt von ganz alleine. Irgendwann meldet man mal eine Bezirks- oder Hessenmeisterschaft. Nächstes Jahr gehen Schützen unserer Abteilung sogar auf die Deutschen Meisterschaften. Diese Turniere laufen genauso ab, wie das oben beschriebene. Freundlich, locker und vor allem Fair. Es gibt hier nur einen zweiten Schreiber zur Kontrolle. Ein größeres Starterfeld und es geht über mehrere Tage. Und man ist etwas leiser. Wer das Alles lieberohne Punktedruck haben möchte. Der geht mal auf ein Mittelalter-Turnier. (Bild 4)

4 Kirsten

Und da sind sie nun: Die grünen Strumpfhosen, die Federn am Hut, die markigen Sprüche. Nur, wie hat Robin das mit den dauernden Volltreffern gemach? ?Training!

Ihr seid Samstags herzlich eingeladen das Bogenschießen mal auszuprobieren. Es steht Material für Erwachsene und Kinder in ausreichender Zahl zur Verfügung.